Bettina schrieb am 20.01.2005

"Ihr wollt es probieren? - Ich kenne keinen, der das wirklich durchgehalten hat." So oder ähnlich wurden wir vor und in den Monaten nach der Geburt des 1. Kindes von "erfahrenen Müttern" mit unseren Stoffwindeln be-kommentiert. Jetzt kennen sie welche…
Wer niemals von der Norm abweichen will und Angst hat, als Öko-Fanatiker angesehen zu werden, sollte es sich genau überlegen oder als anonymer Stoffwickler beginnen, denn mit fragwürdigen Reaktionen darf man rechnen.
Aber man kommt auch nett mit Leuten ins Gespräch, die man sonst nie kennengelernt hat, wenn man in der Öffentlichkeit Stoffwindeln benutzt!…Der Reihe nach.

Motivation war außer dem Unbehagen gegenüber den Müllbergen v.a. die Allergiegefahr (Neurodermitis, Asthma und Heuschnupfen), die wir leider beide vererben. Dass z.B. Seide die Haut richtig heilen kann, leuchtet mir aus eigener Erfahrung ein.
Wir begannen mit einem kleinen Satz Strickwindeln (Baby überraschte uns in der Überlegphase :-)!) und übrigens haben uns ganz liebe Schwestern in Bethel/Bielefeld schon im Neugeborenenzimmer bei der Stoffwickelei unterstützt und ermutigt.
Ab 6 Wochen hatten wir dann einen Packen gebrauchter und 6 neuer Motherease und kamen damit super klar. Die Teile sind sehr schnell gewickelt, fast wie Wegwerf-, und halten gut.
Sehr gute Tipps und Hilfen gab es immer wieder im Forum dieser HP: Z.B. dass man das Lanolin für die Wollüberhosen in der Mikrowelle richtig heiß macht, mit Wasser verdünnt und die Wollhöschen dann lange einweicht. Das geht schneller als durchkneten. Oder den Tipp, in den Windeleimer einen Wäschesack zu legen, den man dann so in die Trommel gibt. Grobe Verschmutzungen, wie das vornehm heißt, haben wir immer vorher rausgewaschen. Wenn es sehr "grob" kam, habe ich ehrlich gesagt die Putzhandschuhe genommen und bin über die Kloschüssel gegangen, aber das war zum Glück die Ausnahme. Wir hatten ca. 1 1/2 Jahre lang zwei Wickelkinder und auch das war kein Problem, selbst da haben wir übrigens nur in Ausnahmefällen den Trockner bemüht. Den fand ich v.a. dann nützlich, wenn die Haut der Kinder angeschlagen war, denn er macht die Windeln schon unerreicht weich…
Als Überhose haben wir ab Größe M tagsüber die Microfaser zum Knöpfen genommen, weil die halt maschinenwaschbar ist und wenn doch mal die besagte "grobe Verschutzung" aus der Motherease ins Überhöschen läuft…
Nachts immer die Wolle wg. Hautfreundlichkeit (atmungsaktiv). Die Überhosen haben wir aus (Auslauf-) Sicherheits- und hygienischen Gründen immer neu gekauft, die Kleinen haben sie aber je beide benutzt. Da sind wir auch mal bei No Names (Wolle) und Disana gelandet. Allerdings übrigens Wolle immer gewalkt und nie die Strickteile, ich bin ein Typ, der lieber nicht so viel Sicherheit selbst herstellen will und diese muss man ja noch selber verfilzen…

Mit dem Wollwickel, so sympathisch er sich anfasst, sind wir nicht in Kombi mit der Motherease klargekommen, dazu ist die ME zu breit oder das Bündchen der Wollwickel zu schmal, keine Ahnung.
A propos, unsere ME waren ja gebraucht gekauft und haben zwei Kinder je ca. 3 Jahre (aber binnen 4 1/2 Jahren) durchgehalten, da waren sie irgendwann an den Bündchen echt ausgeleiert. Trotzdem kann ich mich an keinen Fall erinnern, an dem unsere Kinder ausgelaufen sind, wie man das manchmal auch von Pampers hört. Nicht einmal bei Durchfall! Einschränkung: Als nachts mal einer wg. zusätzlicher Einagen doch aufging, war so ca. 10mal der Schlafanzug nass. In knapp 6 gedachten Wickeljahren.
Ach ja, und genügend Einlagen zum Wechseln würde ich empfehlen. Nachts habe ich eine zusätzliche rein und der Junge scheint aggressiveren Urin zu haben oder vielleicht war die Windel deutlicher lokal belastet, jedenfalls waren die geknöpften Einlagen im letzten Jahr an den entscheidenden Stellen leider ziemlich dünn. Wir haben Molton-Einlagen aus meiner eigenen Babyzeit, Flohmarkt-Teile und bei Popolini nachbestellte Einlagen gelauft, wobei letztere mit Abstand die besten waren. Also bei Neuanschaffung würde ich mich dafür entscheiden. A propos, wir mussten dann gelegentlich Einzelexemplare nachkaufen und stellten fest, dass Popolini des öfteren seine Schnitte wechselt. Wir haben unter dem gleichen Namen sozusagen drei Designs und leider finde ich den Schnitt der letzten Variante (2003 glaube ich) den ungünstigsten. Wir haben zierliche Kinder und die breitere Mitte und der schmalere Rand bewirkten, dass wir fast an den Hüftseiten zuknöpfen mussten und da konnte dann nachts auch mal was aufgehen, s.o.
Also evtl. sind meine Ausführungen schon wieder überholt und es gibt noch ein weiteres Nachfolgemodell!

Allgemein glaube ich, es ist sinnig, mehr auf Handhabbarkeit und vielfältige Nutzung zu achten als auf den Preis. Denn je aufwändiger es ist und je schneller ein System an seine Grenzen kommt (z.B. Wickeln auswärts, Kind lernt gehen etc.), desto wahrscheinlicher gibt man wirklich auf. Wenn wir sie nicht gebraucht gekriegt hätten - ich weiß nicht, ob wir die Anschaffung der ME gewagt hätten und es hätte sich auch neu unbedingt gelohnt.
Trotzdem haben wir übrigens die Strickwindeln noch gelegentlich brauchen können, und hier kommt die Einschränkung für ME: Wenn ein Kind eine Rötung oder was auch immer am Po hatte, war es am schnellsten weg, wenn wir auf Strickwindel umgestiegen sind! - Ob es an der letztlich noch reineren Baumwolle liegt oder weil die so wahnsinnig weich sind, ich weiß es nicht. Die Einlagen und auch das Vlies waren ja gleich geblieben. (In schlimmen Fällen statt Vlies Seide und/oder Heilwolle, der Wickelpopo war so nie ein Grund für einen Arztbesuch, wogegen jetzt manche Unterhosen brennende Rötungen verursachen!!!)
Übrigens, als wir kurz vor Schluss erstmals einen 6Tages-Urlaub mit Fixies gemacht haben, wurde uns noch ein Argument richtig sinnlich deutlich: Stoffwindeln stinken nicht annähernd so wie "Pampers"! - Wenn man es nicht gewohnt ist, ist das ja wirklich ekelhaft und da wasche ich doch lieber gelegentlich - s.o. - über der Kloschüssel.
Nach meiner Berechnung haben wir gegenüber Aldi-Windeln ca. 2700 DM gespart (rechnet selber um :-), aber wir hatten auch gebrauchte Windeln, eine sparsame Waschmaschine und zwei Vielschisser-Kinder) und haben das bewusst in eine Art Raucherkasse für Wickelkinder getan. Wenn man wie wir in der Zweiwickelkinderphase ca. alle 36h wäscht und Wäsche aufhängt, muntert das einfach auf. Wir haben einen prima Urlaub davon gemacht, aber der grund für die Stoffwindeln war es nicht.
Jetzt sind beide Kinder auch nachts trocken und ich kann allen nur sagen, mit dieser HP, speziell Forum, im Rücken könnt ihr es echt wagen. Sollten wir noch ein drittes Kind kriegen, wir würden noch einmal stoffwickeln! Ob mit Popolini oder anderem, hinge vom gerade aktuellen Schnitt ab…